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COVID-19, Grippewellen und Hitzewellen

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Zusammenfassung

In Österreich weist die Statistik mit heutigem Stand (12. Juni 2020) 672 COVID-19-Todesfälle aus. Allem Anschein nach befinden wir uns im Endstadium einer ersten Welle, es gibt schon einige Tage lang keine neuen COVID-19-Todesfälle. Die Zahl der Todesopfer ist demnach der aktuelle Zwischenstand.

In welcher Relation steht das zu den Todesfällen bei Grippe- und Hitzewellen?

Die Übersterblichkeit während Grippewellen war immer höher, und zwar im Bereich von 50% mehr (im Jahr 2005) bis 300% mehr (während der Grippewelle 2016-2017).

Die Übersterblichkeit während Hitzewellen war geringer bis geringfügig höher, nämlich von 70% weniger (im Jahr 2012) bis 7% mehr (im Jahr 2013).

Daraus zu folgern, dass COVID-19 weniger gefährlich ist als Grippe, wäre aber ein gefährlicher Fehlschluss.

Es ist in Österreich durch starke Restriktionsmaßnahmen (Betriebs- und Firmenschließungen, Homeoffice, Schulschließungen, …) gelungen, die COVID-19-Sterbefallzahlen sehr niedrig zu halten.

Umgelegt auf 1 Million Einwohner hat Österreich 78 solcher Sterbefälle. In einigen Ländern mit weniger scharfen Restriktionen sind diese Zahlen um vieles höher, beispielsweise in Schweden 526 (also das 6,7-fache), und in Belgien 843 (also das 10,8-fache). Hätte Österreich vergleichbar hohe COVID-19-Sterbefallzahlen, dann wären die deutlich höher als die Übersterblichkeit während Grippewellen, nämlich ungefähr 4700 bzw. 7600.

In Italien, das erst spät mit Restriktionen begonnen hat, und dessen Zahlen das Warnsignal für Österreich waren, ist die Zahl der COVID-19-Sterbefallzahlen pro 1 Million Einwohner 573 (also das 7,3-fache) von Österreich. Hätte Österreich vergleichbar hohe COVID-19-Sterbefallzahlen, dann wären das ungefähr 5100.

Das liegt allerdings immer noch nicht in der Größenordnung von 100.000, von der in den Aussagen mancher Politiker die Rede war.

Sterbedaten Jahresverlauf

Rohdaten

Die erste Grafik zeigt den Verlauf der Sterbefallzahlen in Jahreszyklen.

Wir beginnen mit Woche 41, das ist die Woche, die den 8. Oktober enthält (Begründung folgt später).

Die Grafik ist „maussensitiv“, wenn man mit dem Zeiger auf eine Kurve zeigt, dann erscheint der Zeitraum, den sie darstellt.

Beim Ausprobieren sieht man, dass die Kurven früherer Jahreszyklen eher tiefer liegen als die Kurven späterer Jahreszyklen.

Der Grund dafür ist einfach, die Bevölkerung ist von 8,00 Millionen im Jahr 2000 auf 8,89 Millionen im Jahr 2020, also um 11,1%, gestiegen.

Bevölkerungsentwicklung

Die Entwicklung der Bevölkerung zeigt die folgende Grafik:

Sterbefallzahlen zum Bevölkerungsstand 2020

Wir werden ab jetzt mit „inflationsbereinigten“ Sterbefallzahlen rechnen, und zwar mit Bezugsjahr 2020. Die Sterbefallzahlen werden dabei mit jenem Faktor multipliziert, der notwendig ist, die Bevölkerung des untersuchten Zeitraums auf die Bevölkerung von 2020 umzurechnen.

Die Grafik dieser inflationsbereinigten Zahlen sieht so aus:

In dieser Grafik liegen die Kurven am Anfang mehrheitlich über 1500, während sie in der Grafik mit den Rohdaten mehrheitlich unter 1500 liegen. Die Kurven liegen außerdem enger beisammen. Das bedeutet, dass ein Teil der Unterschiede in den Sterbefallzahlen eine Folge der geringeren Bevölkerung in den früheren Jahren ist.

Damit wir die Unterschiede zwischen den Verläufen in den verschiedenen Jahren besser sehen, ändern wir jetzt die Skalierung der y-Achse:

Wir erkennen, dass es in einigen Jahren vor und nach Neujahr starke Spitzen gibt, das ist erhöhte Sterblichkeit als Folge von Grippewellen. Spitzen gibt es ebenfalls in manchen Jahren im Bereich der Wochen 22 bis 33 also von Juni bis August. Diese Spitzen entstehen durch Hitzewellen.

Grippe- und Hitzewellen

Die folgende Grafik zeigt Grippe- und Hitzewellen farblich hervorgehoben:

Die besonders hohe blaue Spitze ist die Grippewelle um die Jahreswende 2016-2017.

Wir sehen auch, dass Grippewellen, die sich auf die Sterbefallzahlen auswirken, typischerweise mehrere Wochen dauern. Hitzewellen mit solchen Auswirkungen sind aber (mit Ausnahme der von Ende Juli Anfang August 2013) auf eine Woche beschränkt.

Diese Grafik zeigt auch warum wir unsere Jahreszyklen mit Woche 41 beginnen: Damit ist es möglich, dass weder Grippewellen noch Hitzewellen durch eine Zyklusgrenze „zerrissen“ werden.

Durchschnittliche Sterbefallzahlen

Wir wollen jetzt eine Maßzahl für Übersterblichkeit berechnen. Darunter versteht man die Differenz tatsächlich beobachteten Sterbefallzahlen von der in einem typischen oder normalen Jahr.

Diese durchschnittliche Sterblichkeit berechnen wir, in dem wir den Mittelwert der Wochenwerte für alle Wochen, die wir nicht als Grippewochen, Hitzewochen oder COVID-Wochen markiert haben.

Das ergibt folgendes Bild:

COVID-19 herausgerechnet

Wir können für 2020 noch bereinigte Sterbezahlen berechnen, indem wir die Zahl der COVID-Sterbefälle von den gesamten Sterbefällen abziehen:

Tabellen

Es gab im Jahr 2020 bis zur Woche 20 664 COVID-19-Tote.

Wie hoch war im Vergleich dazu die Übersterblichkeit in Grippewellen und Hitzewellen?

Grippewellen

Jahr

Übersterblichkeit

2000

2,182

2003

1,328

2005

974

2009

1,627

2012

1,014

2015

2,092

2016-2017

3,018

2018

1,679

Die Übersterblichkeit in der Zeit von Grippewellen (hochgerechnet auf die Bevölkerung von 2020) liegt zwischen 974 im Jahr 2005 und 3018 während der Grippewelle um die Jahreswende 2016-2017. Die Zahl der COVID-19-Sterbefälle (672) ist damit niedriger als die Übersterblichkeit während aller ausgeprägten Grippewellen.

Hitzewellen

Jahr

Übersterblichkeit

2,000

237

2,002

365

2,007

401

2,010

562

2,012

205

2,013

718

2,015

477

Die Übersterblichkeit in der Zeit von Hitzewellen (hochgerechnet auf die Bevölkerung von 2020) liegt also im Bereich von 205 im Jahr 2012 bis 718 im Jahr 2013. Die Zahl der COVID-19-Sterbefälle (672) ist damit höher als die Übersterblichkeit während fast aller Hitzewellen; Ausnahme ist die Hitzewelle von 2013.